Hans Henninger, Armin Kroder, Elke Eder, Walter Schnell, Robert Gattenlöhner (Foto M. Maier, Entstanden 2018)

10.12.2020
Rede des Fraktionsvorsitzenden - Walter Schnell zum Haushalt 2021 des Bezirks Mittelfranken

Dank

Zunächst danken wir unserem Kämmerer, Herrn Verwaltungsdirektor Fritz Weispfenning, sowie seinem gesamten Team für die fachkundige Vorlage des umfangreichen Haushaltswerkes für das Jahr 2021. Im Haushalt sind die Beschlüsse des Bezirkstages verankert, gleichzeitig gibt es eine Reihe von Herausforderungen sowohl im kameralen Haushalt, der Finanzplanung als auch im Stiftungshaushalt.Positiv bewerten möchten wir das gemeinsame Bemühen trotz unterschiedlicher Interessenslagen einen sachgemäßen Haushalt für 2021 aufzustellen. Damit wird nach außen sichtbar, dass der Bezirk in seiner Gesamtheit den  Menschen in Mittelfranken dienen und Mittelfranken gestalten will. Schön, dass sich in unserem Bezirkstag, der bekanntlich ein kommunales Selbstverwaltungsorgan und kein Parlament mit Regierung und  Opposition ist, ein konstruktives Miteinander entwickelt hat. Dafür danke ich allen Bezirksrätinnen und Bezirksräten, insbesondere unserem Bezirkstagspräsidenten Armin Kroder für die offene, transparente und faire Leitung der Sitzungen.
 
Bezirksumlage kann stabil bleiben

Zu den wichtigen Streitpunkten bei den Haushaltsberatungen zählt meist die Höhe der Bezirksumlage. Es erreichen uns aus ganz Mittelfranken deutliche Signale, dass viele Städte und Gemeinden im Jahr 2021 und in bzw. nach der Coronakrise wohl auch in den kommenden Jahren einen Haushaltsausgleich nur mit einer Netto-Neuverschuldung darstellen können. Bei unserem größten Umlagezahler, der Stadt Nürnberg, wurde dieser Umstand bei den Haushaltsberatungen mehr als deutlich. Unser Grundsatz lautet: Sinnvoll investieren und gleichzeitig sparen! Daher werden wir den meisten Anträgen, die zu hohen Mehrausgaben führen, nicht zustimmen. Wir bitten Sie alle auf Haushaltsgeschenke zu verzichten und heute schon ernst zu machen. Erfreulicherweise kann der Bezirk Mittelfranken mit der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2021 den Hebesatz für die Bezirksumlage mit 23,55 Punkte stabil halten kann. Eine stabile Bezirksumlage und die verlässliche Partnerschaft mit unseren Umlagezahlern waren für unsere Fraktion entscheidende politisches Ziele. Das sind wichtige Zeichen in die richtige Richtung. Daher werden wir dem Haushalt mit rd. 1 Mrd. Euro zustimmen. Ernst nehmen wir die Warnungen des Bezirkskämmerers, der für die Folgejahre Erhöhungen bei der Bezirksumlage prognostiziert. 

Das Gebot des Sparens ist nach wie vor angesagt. Die Zahlen für 2020 belegen, dass dieser Wille zum Sparen in Teilbereichen bereits greift. Wir werden 2020 einen positiven Jahresabschluss erhalten.

Die ursprünglich von der Verwaltung am 20. Oktober 2020 angedachte Erhöhung um 0,46 Punkte konnte vermieden werden. Wenn man neben den Aufgaben des Bezirks auch die Aufgaben der Gemeinden, Städte und Landkreise im Blick hat, weiß man, dass eine Bezirksumlage mit Augenmaß dringend geboten ist. Erfreulich ist, dass bei den Haushaltsgesprächen mit den Vertretern der Umlagezahler der Wille zum Sparen und die verständliche, transparente und klare Darstellung der Haushaltsdaten auf sehr viel Verständnis und Sympathie stieß. Andernfalls würde sich die freie Finanzspanne unserer Kommunen noch weiter verschlechtern und damit die kommunale Selbstverwaltung weiter ausgehöhlt werden. Wir müssen auch künftig sehr darauf achten, dass wir die Solidarität innerhalb der kommunalen Familie erhalten und unsere Umlagezahler nicht überfordern. Wir Freien Wähler sprechen uns ohne wenn und aber für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung aus.
 
Bund mit milliardenschwerer Neuverschuldung

Alarmierend ist auch die milliardenschwere Neuverschuldung des Bundes. Bei 180 Milliarden Euro neuer Schulden im Jahr 2021 und rund 20 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen hat diese enorme Verschuldung auch Auswirkungen für die Zukunft. Bereits jetzt wissen wir, dass diese in den folgenden Jahren wieder erwirtschaftet werden muss und dadurch der Kampf um die Verteilung der Steuermittel deutlich härter wird. Dass die Kommunen - insbesondere die Bezirke – nur eine schwache Lobby haben, haben wir in den letzten Jahren häufig erfahren müssen.Der kommunale Finanzausgleich steigt, jedoch profitierten die Bezirke in den letzten Jahren kaum davon. Es bleibt festzustellen: Die Bayerische Staatsregierung lässt die Bezirke und damit ihre vor allem im Sozialbereich definierten Aufgaben weiterhin im Regen stehen.  Offenbar hat unser Interessensverband, der Bayerische Bezirketag, wenig Einfluss und Durchsetzungsvermögen. Ist der Bayerische Bezirketag gar ein zahnloser Tiger?
 
Umlagekraft in Mittelfranken verbessern

Zu den großen strukturellen Problemen zählt die seit Jahren schwache Umlagekraft in Mittelfranken die die Einnahmen im Haushalt wesentlich beeinflusst. Im bayerischen Vergleich ist die Umlagekraft
im Bezirk Mittelfranken seit 2002 um rund 3,7 % pro Jahr gewachsen, damit deutlich geringer als der bayerische Durchschnitt. Bei der Umlagekraftsteigerung von 2020 / 2021 rangiert Mittelfranken erfreulicherweise unter den bayerischen Bezirken mit einem Plus von 3,45 Prozent auf Platz 3 von 7 (gem. Mitteilung des Bayer. Landesamts für Statistik vom 29.09.2020). Bei Betrachtung der Zahlen über einen längeren Zeitraum wird deutlich, dass die drei fränkischen Bezirke zu den Problemregionen in Bayern zählen. Dies führt auch dazu, dass Mittelfranken die mit Abstand höchste Bezirksumlage, die geringsten Rücklagen und den mit großem Abstand höchsten Schuldenstand hat. Was wir brauchen ist eine Stärkung der Strukturpolitik in Mittelfranken, damit wir wieder vermehrt aus eigener Kraft unsere Aufgaben finanzieren können. Wir brauchen diese neue Strukturpolitik für Franken, damit die strukturellen Nachteile gegenüber dem Süden des Freistaats nicht noch weiter zunehmen. Dies wird nur mit weiteren gemeinsamen Kraftanstrengungen der Menschen in Mittelfranken, der heimischen Wirtschaft, unserer Kommunen und vor allem auch des Freistaates Bayern möglich sein. Der Raum Nürnberg hat nach wie vor vergleichsweise hohe Arbeitslosenzahlen.
 
Sparen ist angesagt

Mit vereinten Kräften hat der Bezirkstag schon 2011 ein umfangreiches Haushaltskonsolidierungsprogramm auf den Weg gebracht. Manches wurde erreicht. Heute müssen wir feststellen, dass die Umsetzung  insgesamt wenig Erfolg hatte und die Vorschläge meist unglücklich bis unbrauchbar waren. Wir bitten den Bezirkstagspräsidenten und die Verwaltung noch einmal im Jahr 2021 in miteinander abgestimmten  Teilbereichen das Thema Haushaltskonsolidierung anzupacken. So werten wir auch die Zurückhaltung der Fraktionen bei den Anträgen zum Haushalt 2021 als positives Zeichen. Parteiübergreifend müssen wir ohne Vorbehalte einige Baustellen in Ordnung bringen. Wir haben in Mittelfranken beispielsweise beim Behindertenfahrdienst (2016: Kostenvolumen 8,2 Mio. Euro, 2019: Kostenvolumen 12,14 Mio. Euro)  Fehlentwicklungen, die uns gegenüber den anderen bayerischen Bezirken mehrere Millionen im Jahr mehr kosten. Mittelfranken ist im bayerischen Vergleich bei diesen Ausgaben mit Abstand führend, wir geben mehr aus als alle anderen bayerischen Bezirke zusammen. Das wird von unserer Fraktion seit Jahren moniert. Wir begrüßen daher, dass jetzt Bewegung in diese Angelegenheit kommt und werden uns konstruktiv an einer Lösung beteiligen, die letztlich von uns allen getragen werden kann. Gemeinsam mit allen Beteiligten sollten wir nach sachgemäßen Wegen suchen, dabei aber immer den einzelnen Hilfebedürftigen im Blick haben. Wir bieten dazu unsere aktive Mitarbeit an.
 
Schulden verringern, Rücklagen stärken

Bei der Verschuldung der bayerischen Bezirke ist der Bezirk Mittelfranken einsamer Spitzenreiter. Das betrifft auch die Verschuldung in Euro pro Einwohner. Der aktuelle tatsächliche Schuldenstand zum 29.11.2020 beträgt 52,5 Mio. Euro. Diese Summe ist im Vergleich zu anderen Gebietskörperschaften überschaubar, dennoch die mit Abstand höchste Verschuldung unter den bayerischen Bezirken. Im Gegensatz dazu verfügt der Bezirk Mittelfranken nur über geringe Rücklagen, zum 31.12.2021 voraussichtlich über rd. 9,5 Mio. Euro Rücklagen, die Mindestrücklage beträgt 9,3 Mio. Euro.  Erfreulich ist, dass für das Haushaltsjahr 2021 keine Kredite für den Verwaltungshaushalt aufgenommen werden müssen, allerdings werden für Investitionen neue Kredite in Höhe von rd. 16,8 Mio. Euro benötigt. Der Abbau von Schulden und die Sicherung der Mindestrücklage sind aus unserer Sicht wichtige Aufgaben in der Finanzpolitik.  
 
Vorbildlicher Stellenplan

Kostenintensiv ist die Schaffung neuer Stellen. Wir wissen um die vielfältigen, auch neuen Aufgaben und Herausforderungen. Umso mehr stellen wir mit Genugtuung fest, dass der Bezirk im Jahr 2021 lediglich 3,8 neue Stellen schaffen will. Dank der zunehmenden Digitalisierung, der Verbesserung der Arbeitsabläufe und der Zurückhaltung der Verwaltungsspitze ist dies möglich geworden. Braucht der Bezirk einen  Klimaschutzmanager? Ein diesbezüglicher Antrag wurde gestellt. Sicherlich hilfreich, passt auch gut in die politische Landschaft. Klimaschutzmanager gibt es bereits in den kreisfreien Städten und Landkreisen. Dort ist man auch nah beim Bürger. Stellen, die als geförderte Projektstellen geschaffen werden, haben den Hang zur Verstetigung. Klimaschutz ist für uns eine zentrale Aufgabe eines jeden Referats und eines jeden Mitarbeitenden. Fachlichen Rat kann man bei Bedarf auch extern einholen.  

Ruhe und Stabilität bei den Bezirkskliniken Mittelfranken eingekehrt

Außerordentlich erfreulich bewerten wir die Entwicklung bei den Bezirkskliniken Mittelfranken. Wir sehen – im Gegensatz zu vielen mittelfränkischen Kliniken - eine stabile wirtschaftliche Situation sowie Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden und den Patienten. Das Kommunalunternehmen Bezirkskliniken Mittelfranken wird 2020 einen positiven Jahresüberschuss erzielen. Damit sind weder Verlustausgleich noch Investitionszuschüsse aus dem Bezirkshaushalt erforderlich. Wichtig war und ist, dass die Bezirkskliniken aus den negativen Schlagzeilen der Presse herausgekommen sind. Planungen werden vorangetrieben, Baumaßnahmen laufen oder stehen an, wichtige Investitionen werden für die Menschen in der Region getätigt, Strukturen wurden verändert und vorbeugende Maßnahmen wurden ergriffen. Für die vielen positiven Signale, die umsichtige Arbeit und die gelungene Weiterentwicklung der BKM danken wir Herrn Dr. Matthias Keilen, seinem Vorstandsteam, allen Mitarbeitenden sowie Herrn Bezirkstagspräsidenten Armin Kroder und dem Verwaltungsrat.  
 
Gute politische Kultur pflegen

In den letzten Jahren ist eine neue Vertrauenskultur entstanden. Oberbürgermeister und Landräte kommunizieren nicht mehr über die Presse mit dem Bezirk. Man beschimpft sich nicht mehr gegenseitig. Die Kämmerer der Städte, Landkreise und des Bezirks reden miteinander und erläutern sich gegenseitig die Herausforderungen ihrer Haushalte. Bei den Zusammenkünften mit den Umlagezahlern wurde häufig die angenehme Gesprächsatmosphäre, der faire Umgang miteinander und die gute politische Kultur gewürdigt. Auch im Bezirkstag erleben wir diesen neuen Stil. Alle Bezirksräte werden bei den Beratungen und Entscheidungen eingebunden. Es wird über Parteigrenzen hinweg konstruktiv zum Wohle unserer mittelfränkischen Bürgerschaft ernsthaft und sachorientiert gearbeitet. Für diesen angenehmen und kollegialen Führungsstil danken wir insbesondere unserem Bezirkstagspräsidenten Armin Kroder. Aber auch die Verwaltung des Bezirks und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen im Bezirkstag, wollen wir in diesen Dank einbeziehen.  
 
Verantwortung für Bedürftige übernehmen

Das soziale Ungleichgewicht in der Bundesrepublik Deutschland – so war es einer OECD-Studie zu entnehmen - nimmt zu. Maßstab unserer Politik ist daher die Ausrichtung am Gemeinwohl und an einer gerechten Teilhabe aller. Daher gehört es zu den vordringlichsten gesellschaftlichen Aufgaben gerade die Lebenswirklichkeit der Schwächsten wahrzunehmen und sie nach Kräften zu unterstützen. Dazu zählen gerade auch in einer für uns alle ungewohnten Zeit einer Pandemie ambulante und teilstationäre Angebote für Menschen mit seelischer Behinderung, für die die Mittel erneut aufgestockt werden.Ein hohes Maß unserer Aufmerksamkeit und Menschlichkeit haben wir in den letzten Jahren Flüchtlingen gewidmet, die nach schlimmen Kriegserfahrungen in Deutschland Schutz suchten.Diesen Menschen zu helfen, sie zu integrieren, ihnen eine Lebensperspektive zu geben ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Wie ein Bauer, der im Frühjahr sein Feld bestellt und dieses pflegt und hegt, so wird auch unsere Gesellschaft mit den in Deutschland bleibenden Flüchtlingen bei entsprechender Pflege und Hege eines Tages eine gute Ernte einfahren. Heute ist es die Corona-Pandemie mit ihren Folgen für die Menschen, das Gesundheitswesen, die
Wirtschaft, die Kommunen und die Gesellschaft insgesamt, die uns vor große Herausforderungen stellt.  
 
Mittelfranken-Stiftung entlasten

Sinkende Zinseinnahmen sorgen seit Jahren für eine gravierende Deckungslücke bei der Mittelfranken-Stiftung. Experten aus der Wirtschafts- und Finanzwelt sind sich hinsichtlich der Wirtschafts- und  Zinsentwicklung uneins. Die Corona-Pandemie trägt einen wesentlichen Teil dazu bei. Wir fordern Ausgabendisziplin und vor allem ein Konzept zum langfristigen Erhalt und der Sicherung dieser segensreichen und für Mittelfranken wertvollen Stiftung. Viel Geld kostet uns die Konzertreihe „Fränkischer Sommer“. Zugegeben: Ich bin ein Freund des Fränkischen Sommers. Wir alle wissen, dass Kunst und Kultur Geld kosten, nicht wirtschaftlich, aber wesentlich sind. Wenn wir an vielen Stellen sparen müssen und damit zum Beispiel kulturelle Einrichtungen in Mittelfranken gefährden, muss auch – das sage ich dieses Jahr erneut - die Konzertreihe „Fränkischer Sommer“ auf den Prüfstand.
 
Gute Wünsche

Persönlich sowie im Namen meiner Kollegin Elke Eder und meiner Kollegen Armin Kroder, Hans Henninger und Robert Gattenlöhner danke ich Ihnen allen – sowohl im Bezirkstag als auch in der Verwaltung – für das angenehme und konstruktive Miteinander. Die Menschheit steht vor großen Herausforderungen: Krieg, Flucht und Vertreibung haben in den letzten Jahren weltweit und auch für uns sehr spürbar zugenommen. Das Gefüge wackelt. Hinzu kommt die Corona-Pandemie mit vielen Herausforderungen. In unserem Wertekompass ist der Schutz des Lebens das höchste Gut. Rücksichtnahme und Solidarität sind gerade im Zeichen diese Pandemie die wichtigsten Leitplanken unserer Zivilgesellschaft. Mit der Begrenzung des Klimawandels stehen wir vor der wohl größten Herausforderung unseres Jahrhunderts.  Sollte die Welt dies nicht schaffen und damit unsere Lebensgrundlagen nicht erhalten können, werden riesige Veränderungen auf uns zukommen. Unsere heutigen Entscheidungen sind dagegen eher überschaubar. Ihnen und Ihren Familien wünsche ich eine gesegnete und frohe Advents- und Weihnachtszeit und im neuen Jahr die nötige Gelassenheit, große Schaffenskraft und Frieden in der Familie und der Welt! Bleiben Sie behütet und
gesund!

Walter Schnell
Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler / Franken im Bezirkstag Mittelfranken